Dritte Pressemitteilung der protestierenden Geflüchteten in Berlin:

Zu den Verhandlungen mit Regierungsvertreter_innen

Während der letzten zwei Tage haben die protestierenden Geflüchteten auf dem Pariser Platz (vor dem Brandenburger Tor) zwei Mal mit amtlichen Vertreter_innen aus Berlin in der Akademie der Künste verhandelt.

In der ersten Verhandlungsrunde vom 31. Oktober hat eine Delegation, bestehend aus dem Bürgermeister von Mitte, einigen bezirklichen Vertreter_innen aus Parteien und Medien mit den Geflüchteten geredet. Nach zwei Stunden Besprechung und Verhandlung haben sich beide Seiten darauf geeinigt, dass die Geflüchteten während ihres Protestes Kältebusse zum Schlafen in Anspruch nehmen können. Der Protest auf der Straße wird jedoch rund um die Uhr fortgesetzt. Einigung gab es auch bezüglich des Aufstellens von drei Tischen und vier Stühlen, um Passanten und Presse informieren zu können. Die Stadtverwaltung hat sich verpflichtet mit der Polizeiführung in Kontakt zu bleiben, um die starke Präsenz von Polizeikräften auf dem Platz zu reduzieren. Diese Übereinkunft wird bis zum 5. November Bestand haben. Weiterhin haben die Geflüchteten erklärt, Verhandlungen mit Regierungsvertreter_innen führen zu wollen, welche über mehr exekutive Macht verfügen, um ihre Forderungen deutlich zu machen. Sie haben angekündigt, nur im Falle positiver Reaktionen von Seiten der Regierung weitere Entscheidungen bezüglich der Fortführung des Hungerstreiks und des Straßenprotestes zu treffen.

Die zweite Verhandlungsrunde begann am 1. November 2012 um 16:00 Uhr. Eine Delegation bestehend aus Maria Böhmer, Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, und Dilet Kolat, Berliner Senatorin für Integration, verhandelte mit einigen der protestierenden Geflüchteten. Vertreter_innen des Flüchtlingsrates waren ebenso als Beobachter_innen anwesend und ein Berichterstatter des Berliner Instituts für politische Flüchtlinge als Übersetzer. Es wurde gemeinsam beschlossen, die Sitzung hinter geschlossenen Türen zu führen. In dieser Verhandlungsrunde, die vier Stunden beanspruchte, haben die Vertreter_innen der Regierung die Kampagne der Geflüchteten als rechtmäßig anerkannt sowie die aktuellen Umstände der Asylpolitik bestätigt. Sie versprachen erste juristische Schritte einzuleiten, welche die Voraussetzung dafür sind, die Forderungen der Aktivist_innen in die parlamentarische Debatte zu bringen, um die folgenden Rechte und infrastrukturellen Maßnahmen zu gewährleisten: das Recht zu arbeiten, das Recht die deutsche Sprache zu erlernen, die Abschaffung der Residenzpflicht. Die Abschiebepolitik betreffend wurde sich darauf geeinigt, das Bleiberecht im Parlament zu thematisieren. Bei dieser Parlamentssitzung, welche in drei Monaten stattfinden wird, werden zwei der protestierenden Geflüchteten anwesend sein, um über den Verlauf der Gesetzesänderung informiert zu werden. Der genaue Termin dieser Sitzung wird den Geflüchteten und der Öffentlichkeit innerhalb der nächsten zwei Wochen mitgeteilt. Der Kontakt zwischen den Behörden und den protestierenden Geflüchteten wird aufrecht erhalten, bis ihnen die Ergebnisse der Entscheidungen mitgeteilt werden.

Am Ende dieses Treffen haben beide Seite die Ergebnisse Ihrer Verhandlung der Presse mitgeteilt.

Die streikenden Geflüchteten gaben bekannt, dass sie den Hungerstreik temporär unterbrechen werden, da die ersten Schritte zur Anerkennung ihrer Anliegen erreicht wurden. Sie stehen allerdings weiter hinter ihren bisherigen Erklärungen. Sie nehmen ihr Demonstrationsrecht wahr und werden ihren Straßenprotest weiter führen, bis sie positive Anzeichen dafür sehen, dass die Verhandlungsergebnisse in die Tat umgesetzt werden.

Im Verhandlungsprozess um die Erfüllung ihrer Forderungen haben die protestierenden Geflüchteten sich entschieden, im Falle des Hingehaltenwerdens von Regierungsseite ihre Kampagne mit noch mehr Kraft und Ausdauer fortzuführen. Die dem Protest vorangegangenen sieben Monate dieser Bewegung können als Beleg dieser Willensstärke gesehen werden. Sollten die im Rahmen der Verhandlungen getroffenen Vereinbarungen von Regierungsseite nicht innerhalb von zwei Wochen umgesetzt werden, werden die Aktivist_innen neue Strategien und Taktiken, nach vorheriger Planung in Bezug auf Intensität und Umfang, ergreifen.

Die protestierenden Geflüchteten vom Pariser Platz (Brandenburger Tor), Berlin


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