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Station 10 – Bahnhof

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DER BAHNHOF UND DIE KONTROLLEN IM 30-km-GRENZBEREICH

Seitdem der Gesetzgeber die Rechtsgrundlage für verdachts- und ereignisunabhängige Kontrollen eingeführt hat, sind auch polizeiliche Identitätsfeststellungen aus rassistischer Motivation Tür und Tor geöffnet.

Die Bahnhöfe als Orte des Ankommens und Wegfahrens sind im Besonderen von der Bundespolizei überwacht. Insgesamt umfasst die Bundespolizei (BP) mehr als 41 000 Mitarbeiter, die sowohl für die 30km breiten Grenzräume, die Bundesautobahnen als auch für die Deutsche Bahn zuständig sind. Die Bundespolizei beteiligt sich u.a. an der Europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX, am europäischen Überwachungssystem EUROSUR (das deutsche Lagezentrum See zur Seeaußengrenzenüberwachung in der Nord- und Ostsee wurde im Dezember 2014 angeschlossen) und an RAILPOL, einem Netzwerk der europäischen Bahnpolizeibehörden. Racial Profiling bei verdachtsunabhängigen Kontrollen ist also nicht (nur) Ergebnis rassistischer Einstellungen der ausführenden PolizistInnen. Es ist vielmehr dadurch politisch gesetzt, dass die Polizei per Gesetz zum Instrument der Migrationskontrolle gemacht wird. So stehen Bahnhöfe im Besonderen im Visier. In Freiburg wird der gesamte Bahnhofsbereich mit Kameras überwacht. Die Aufnahmen werden bis zu drei Tage lang gespeichert. Die Deutsche Bahn verfügt über 5700 Personenbahnhöfe, von denen 495 mit Videokameras ausgestattet sind, die von der BP genutzt werden. Am Bahnhof Mainz wurden in den Jahren 2006 und 2007, als der Bahnhof noch in vollem Betrieb war, sogar biometrische Systeme dreier Hersteller getestet.

Im Oktober 2012 entschied das Oberverwaltungsgericht Koblenz, dass Personenkontrollen aufgrund äußerer Merkmale wie „Hautfarbe“ nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar seien.

Die erste Instanz hatte dieses diskriminierende Verhalten noch für legitim erklärt. Ein junger Mann hatte geklagt, da er als einziger kontrolliert wurde. Seit 2012 verbreitet die “Initiative schwarzer Menschen“ in Deutschland zusammen mit anderen Gruppen die Kampagne „stop racial profiling“, um das Bewusstsein für rassistische Polizeipraxis zu schärfen.

Bisher ist es der Bundespolizei erlaubt, die sogenannten verdachts- und ereignisunabhängigen Personenkontrollen an Bahnhöfen, auf Bahnstrecken oder an Flughäfen durchzuführen. Momentan laufen an den Verwaltungsgerichten Stuttgart und Köln wegen ethnical profiling zwei aktuelle Prozesse gegen die Bundespolizei. In dem einen Fall wurde ein 28 Jähriger als einziger in der ersten Klasse des ICE zwischen Baden-Baden und Offenburg ohne erkennbaren Anlass kontrolliert. Die Begründung war die Fahrt im Grenzgebiet. In Köln klagt ein 38 Jähriger, der beim Bahnhof Witten beim Warten auf seine Lebensgefährtin von zwei Bundesbeamten mit der Begründung kontrolliert wurde, dass man nach Menschen aus Nordafrika und Syrien suche.

Festhalten können wir, dass die von der Bundespolizei einzig aufgrund der Hautfarbe durchgeführte Kontrollen gegen das Diskriminierungsverbot nach Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes verstoßen. Dass die Bundespolizei dies dennoch tut, hat der Vorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft bestätigt und ihren gesetzlichen Auftrag als Grundlage angeführt.

„Egal, was in eurem Pass steht; egal, ob eure Papiere in Ordnung sind; egal, warum ihr hier seid und ob ihr seit Ewigkeiten hier lebt – ihr seht anders aus, ihr seid immer verdächtig und eigentlich gehört ihr nicht hierher.“ Das ist die eigentliche Botschaft die mit den verdachtsunabhängigen Kontrollen den Betroffenen vermittelt wird.