Der „Beauftragte für Abschiebungen“ der Bundesregierung heißt Joachim Stamp von der FDP

Stand 08.01.2023 | Im Koalitionsvertrag zwischen der SPD, DIE GRÜNEN und FDP wurde die „Rückkehroffensive“ bereits angekündigt, auch, dass „der Bund die Länder bei Abschiebungen künftig stärker unterstützen wird“.1   Ab Februar 2023 gibt es dafür einen „Beauftragten für Abschiebungen“ wie der Kölner Stadt-Anzeiger am 16.12.2022 berichtet. Beauftragter wird der frühere Vize-Ministerpräsident von NRW,

Joachim Stamp von der FDP. Er will sich für eine „gesteuerte Einwanderung“ einsetzen. Nach ntv soll er „Abschiebungen tatsächlich durchführen“. Die presse augsburg schreibt: „Stamp werde unter anderem „kooperationsunwillige Herkunftsländer bei Rückführungen klar in die Pflicht nehmen““. Auch die EU-Kommission will für Abschiebungen eine Sonderbeauftragte mit der Belgierin Mari Juritsch benennen. Dazu will die EU-Kommission die Zusammenarbeit mit Transit- und Herkunftsstaaten weiter verbessern. „Ich erwarte, dass wir bis Ende 2023 mit Blick auf die Rückführungen das Ruder herumgerissen haben werden. Das hängt natürlich von den Mitgliedstaaten ab, genauso wie von der EU.“

Laut dem Regierungspräsidium Karlsruhe als zentrale Abschiebebehörde von Baden-Württemberg sind die gesetzlichen Grundlagen um Personen abschieben zu können, ausreichend. „Die Mehrzahl der Problemstellungen im Bereich der praktischen Rückführung sind tatsächlicher Natur, die von den Behörden der Länder kaum oder gar nicht beeinflussbar sind. Die Herausforderungen liegen, insbesondere bezüglich mangelnder Kooperation der Herkunftsländer bei der Rücknahme ihrer eigenen Staatsangehörigen oder bei der Identifizierung derselben, überwiegend beim Bund,“ so das Ministerium der Justiz ( Drucksache 17/1185)

Die mangelnde Kooperation von Herkunftsländer mit dem Abschiebestaat Deutschland zeigt, dass das deutsche Abschiebesystem von vielen Staaten in Frage gestellt wird. Hier will nun die Bundesregierung, Länder, die bei ihrem Abschiebeprogramm „kooperationsunwillig“ sind „klar in die Pflicht nehmen“. Konkret heißt dies, dass auf verschiedenen anderen Ebenen Druck auf Länder ausgeübt wird, die von weltweiten Krisen (Corona und Ukrainekrieg, Wirtschaftskrise, industriell verursachten Erderwärmung) weitaus stärker betroffenen sind als noch europäische Länder.

Was fällt auf? Der Begriff Abschiebung hat sich tief in die nationale Denkweise gefressen und er wird unreflektiert in der Presse, Funk und Fernsehen verbreitet. All jene Menschen sollen entfernt werden, die hier nach geltenden herrschenden Regeln nicht sein dürfen. Diese Regeln wurden jedoch immer stärker zum Nachteil der Betroffenen verändert. Um Menschen „abschieben“ zu können, braucht es jetzt eine „Rückkehroffensive“ und einen speziellen „Abschiebebeauftragten“. So als ob die politisch Verantwortlichen keine anderen Antworten auf die Herausforderungen geben könnten. Die Welt von gestern, das Nationale, feiert hier einen fragwürdigen Erfolg.

Worum geht es in Wirklichkeit, welche Gewalt versteckt sich hinter einer Abschiebung?

Menschen werden nachts abgeholt, zum Teil mit Gewalt, in den Tod geschickt (Sali Krasniqi). Sie werden aus sicheren Verhältnissen gerissen, verlieren ihre bereits aufgebaute Existenz, ihren Arbeitsplatz oder ihre Schul- oder Berufsausbildung. Ihre bereits angemietete Wohnung und Inventar geht verloren, wenn sich niemand kümmert, das Fahrrad, das Auto auf der Straße. Gespartes wird beschlagnahmt, Familien werden nicht selten getrennt, kranke und selbst schwerkranke Menschen werden abgeschoben. Egal ob man hier, 10, 20 oder 30 Jahre lebt, ein Bezug von öffentlichen Geldern kann die Abschiebung bedeuten. Eine falsche Angabe, ein verpasster Termin, eine nicht verstandene Mitteilung/Brief, eine verpasste Rechtsmittelfrist, eine Straftat, all das kann eine Abschiebung auslösen und das Leben grundlegend verändern und die Existenz zerstören. Die Liste könnte verlängert werden.

PRO ASYL e. V. hat 2021 und 2022 einige Schicksale von Menschen, die abgeschoben wurden, dokumentiert. In den sozialen Medien finden sich weitere dokumentierte Abschiebungen. Vom Flughafen Karlsruhe Baden-Baden waren bei Abschiebungen bis 2018 weit mehr als 33 Prozent der Abgeschobenen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre.

Die Politik der „Rückkehroffensive“ wird zu weiterem Elend von Menschen in Europa beitragen, die in den Ländern Europas umherirren, gezwungen sind in provisorischen Unterkünften zu leben, rechtlos und ohne medizinische Versorgung der Gewalt der Straße und der jeweiligen Polizeien ausgeliefert sind.

Solidarisiert euch mit all jenen Menschen die von einer Abschiebung betroffen sind. Baut solidarische Projekte auf, unterstützt sie in ihrem Verfahren. Veröffentlicht Berichte. Verhindert Abschiebungen.

1„Wir starten eine Rückführungsoffensive, um Ausreisen konsequenter umzusetzen, insbesondere die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern. Der Bund wird die Länder bei Abschiebungen künftig stärker unterstützen. Wir werden unserer besonderen humanitären Verantwortung gerecht und Kinder und Jugendliche grundsätzlich nicht in Abschiebehaft nehmen. Die freiwillige Ausreise hat stets Vorrang. Die staatliche Rückkehrförderung für Menschen ohne Bleiberecht wollen wir finanziell besser ausstatten. Um freiwillige Ausreisen zu fördern, wollen wir staatliche und unabhängige Rückkehrberatung systematisieren und stärken. Wir streben an, dass die zuständige oberste Bundesbehörde für einzelne Herkunftsländer einen temporären nationalen Abschiebestopp erlassen kann. Asylanträge aus Ländern mit geringen Anerkennungsquoten werden zur Verfahrensbeschleunigung priorisiert.“ (Koalitionsvertrag Seite 112)