Regierungspräsidium Karlsruhe nimmt Altenpflegehelferschüler in Abschiebehaft

Baden-Württemberg folgt weiter der Devise: Abschiebung um jeden Preis

Pressemitteilung 23.02.2018 des Flüchtlingsrat Baden-Württemberg | Am Freitag, den 02.02.2018 wurde Dame Ndow, der gerade eine Ausbildung zum Altenpflegehelfer macht, von der Polizei aus seiner Altenpflegeschule in Bad Mergentheim abgeführt und in die Abschiebehaft nach Pforzheim gebracht. Freunde und Unterstützer fordern, ihn sofort aus der Haft zu entlassen.

Dame Ndow arbeitet seit Januar 2016 als Helfer im Haus am Sonnenberg in Igersheim, einer Einrichtung für chronisch-seelisch kranke Menschen. Seit Herbst 2017 macht er eine Ausbildung zum Altenpflegehelfer. Nachdem der Asylantrag Dame Ndows abgelehnt worden war, versuchte der Betrieb für ihn eine Ausbildungsduldung zu beantragen, die abgelehnt wurde. Geplant war, dass Dame Ndow im Sommer 2018 eine Ausbildung zum Altenpfleger beginnen und so eine Ausbildungsduldung bekommen sollte.
Dame Ndow wurde aus der Schule geholt, wenige Tage bevor der Betrieb vorhatte eine Ermessensduldung bis zum Beginn der Pflegeausbildung zu beantragen.
Da die Ausländerbehörde in Tauberbischofsheim von der geplanten Pflegeausbildung wusste, ist davon auszugehen, dass auch das Regierungspräsidium davon Kenntnis hatte.
Sowohl der Altenpflegehelfer als auch der Altenpfleger gehören zu den Mangelberufen in Deutschland. Schulen und Betriebe kämpfen seit Jahren darum, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Doch obwohl die Politik immer wieder der Pflege ihre Unterstützung zusichert, hat die baden-württembergische Landesregierung offensichtlich kein Problem damit, diejenigen abzuschieben, die durch ihre tägliche Arbeit dem Pflegenotstand entgegenwirken. Dabei schrecken sie noch nicht einmal davor zurück, die Schüler unter den Blicken der schockierten und hilflosen Mitschüler und Lehrer aus den Schulen zu holen.
„Hier haben wir schon den nächsten Fall eines gut integrierten jungen Menschen, dem eine konkrete Perspektive auf ein Bleiberecht bevorsteht, den man schnell vorher abschieben will. Hier werden Integrationsbemühungen zunichtegemacht. Ein ernsthaftes Interesse der Landesregierung an einem wirksamen Bleiberecht für gut integrierte Menschen, gerade junge Menschen in Ausbildung, ist nicht erkennbar. Stattdessen wird jede Gelegenheit genutzt, um die existierenden Regelungen möglichst restriktiv auszulegen“, kritisiert Seán McGinley, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Baden-Württemberg. Zudem es besonders unmenschlich und demütigend, einen Schüler aus der Schulklasse zur Abschiebung rauszuholen. „Die Schule soll ein geschützter Ort des Lernens sein. Ein solches Vorgehen ist nicht nur in Bezug auf den Betroffenen, sondern auch für die Mitschüler*innen und Lehrer*innen unerträglich. Dies scheint den Behörden völlig egal zu sein. Wir können es nur wiederholen: Die Abschiebungsmaschinerie in Baden-Württemberg dreht gerade völlig durch“, so McGinley.
Auch Freunde und Unterstützer in Igersheim und Bad Mergentheim haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Abschiebung von Dame Ndow zu verhindern. Für sie ist es unverständlich, wieso ausgerechnet jemand wie Dame Ndow, der lange Zeit Fußball spielte, neben seiner Ausbildung ehrenamtlich bei der örtlichen Tafel aushilft und den alle wegen seiner offenen und freundlichen Art schätzen, abgeschoben wird. „Sie müssten ihn mal erleben, wenn er reinkommt strahlt der Raum“, sagt Horst Hoffmann vom AK Asyl Bad Mergentheim, der schockiert ist, über die Vorgehensweise des Regierungspräsidiums ohne dabei jegliche Menschlichkeit erkennen zu lassen.
Auch Daniela Uhl, stellvertretende Heimleitung im Haus am Sonnenberg zeigt sich entsetzt: „Wir sind fassungslos – diese Abschiebung hat uns getroffen wie ein Blitz. Zum einen fehlt uns Dame natürlich als Mensch und Freund, zum anderen ist auch von einem auf den anderen Tag ein Mitarbeiter nicht mehr da. Die Politik verspricht uns immer wieder, die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern. Wenn Sie dann in den Nachrichten hören, dass im Pflegebereich 8000 neue Stellen geschaffen werden sollen und kurz darauf wird ein voll eingearbeiteter Mitarbeiter und Schüler zur Abschiebung abgeholt, dann klingt das wie blanker Hohn. Vollkommen unverständlich ist uns auch, wie man so rigoros gegen einen Menschen wie Dame vorgehen kann, der auch gegenüber den Behörden immer kooperativ war und auch hier mit gutem Beispiel vorangegangen ist – hier werden Menschen bestraft, die ehrlich sind, sich eine Zukunft aufbauen und sich integrieren wollen – das ist kein gutes Signal von Staat und Politik!

Dame ist bei unseren Bewohnern ein sehr beliebter Mitarbeiter. Er hat ein gutes Gespür für Menschen und ist sehr empathisch. Dies ist gerade bei unserer Arbeit mit seelisch erkrankten Menschen eine außerordentlich wichtige Fähigkeit. Die Bewohner fragen fast täglich, wann Dame denn wieder zur Arbeit kommt – sie können die derzeitige Situation genauso wenig verstehen wie wir. Wir werden auf jeden Fall alles tun was uns möglich ist, um die Abschiebung zu verhindern“

Der Flüchtlingsrat fordert einen sofortigen Stopp der Abschiebemaschinerie der baden-württembergischen Landesregierung, die Freilassung Dame Ndows aus der Abschiebehaft und eine Aussetzung der Abschiebung, damit er seine Ausbildung zum Altenpflegehelfer fortführen kann.