Aktuelle Zuwanderung macht gesellschaftliche Defizite sichtbar

Wie lösen wir die sozialen Fragen….soziale Frage

Pressemitteilung des Seminar  „Solidarität statt Spaltung“ in Hanau | „Die unhaltbaren Zustände in einigen Sammelunterkünften, die Rechtsunsicherheit beim Aufenthaltsstatus und der Zugang zu Sprachkursen zählen zu den drängendsten Problemen von Flüchtlingen in Hanau.

„Jeder von uns lebt auf dreieinhalb Quadratmetern und wir teilen uns mit zwanzig Personen nur zwei Toiletten. Außerdem funktioniert der Strom nur unregelmäßig, so dass wir nicht immer kochen können“, berichtete ein Bewohner einer Unterkunft in Steinheim, der bei der Gruppe „Lampedusa in Hanau“ aktiv ist.

Der Blick auf die lokale Situation von Geflüchteten war Teil einer Bestandsaufnahme im Rahmen eines Seminars, zu dem verschiedene politische Gruppen Hanaus eingeladen hatten. Der DGB und die IG Metall gehörten dazu, aber auch das Rhein-Main-Bündnis gegen Sozialabbau und Billiglöhne, der Runde Tisch für menschenwürdiges und bezahlbares Wohnen sowie „kein mensch ist illegal“. Unter dem Titel „Solidarität statt Spaltung“ stand dabei folgende Frage im Mittelpunkt: „Wie lösen wir die sozialen Fragen, die uns schon lange belasten und jetzt auch einer Integration der Flüchtlinge im Wege stehen?“
Schnell wurde den knapp dreißig Beteiligten klar, dass die aktuelle Zuwanderung alte sozialpolitische Fragen neu stellt. „Die logistischen Schwierigkeiten bei der Unterbringung der Flüchtlinge sind hausgemacht“, sagte Andrea Guevara vom Runden Tisch für menschenwürdiges und bezahlbares Wohnen. „Ein Drittel aller Haushalte in Hanau haben Anspruch auf eine Sozialwohnung, doch es sind gerade einmal 2.200 Sozialwohnungen vorhanden. Diese Situation hatten wir bereits vor der aktuellen Zuwanderung. Im Interesse aller muss die Stadt ihre Wohnungsbaupolitik ändern.“
Auch der Hanauer Lehrer Heinz Bayer, aktiv in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, warf ein Schlaglicht auf die aktuellen Herausforderungen, vor denen die örtlichen Schulen stehen. „Inzwischen hat jeder vierte Jugendliche zwischen 25 und 30 Jahren einen geringeren Bildungsabschluss als die Eltern. Wenn die Qualifizierung und Integration von Flüchtlingen gelingen soll, dann erfordert das ein Umdenken in der Bildungspolitik.“ Bayer verwies zudem darauf, dass es jetzt an der Zeit wäre, die Schulen mit engagierten jungen Lehrern auszustatten, anstatt reihenweise Pensionäre anzuschreiben.
Der DGB mahnte zu Besonnenheit in der polarisierten öffentlichen Debatte: „Die aktuelle Zuwanderung schafft keine gesellschaftlichen Defizite, sie macht sie nur sichtbar“, sagte Regionsgeschäftsführerin Ulrike Eifler. Jetzt räche sich das JA zur Schuldenbremse. „Unter dem Vorwand, man müsse sparen, sind in den letzten Jahren Lehrerstellen nicht besetzt worden, man hat Personal abgebaut, Schulen geschlossen und Sozialwohnungen verkauft.“ Eifler zeigt sich erfreut, dass die Schuldenbremse nun de facto ausgesetzt sei. Es sei richtig, dass sowohl die Stadt als auch der Kreis nun nicht auf das Geld schauten, sondern Personal einstellten. Anders sei ein menschenwürdiger Umgang mit den hier Zuflucht Suchenden auch nicht zu schaffen. Doch letztlich muss über eine Besteuerung von Vermögen wieder Geld in die öffentlichen Kassen kommen.
Die Teilnehmer des Workshops sprachen sich dafür aus, dass die Versäumnisse der letzten Jahre jetzt korrigiert werden müssen. Das gehe nur über eine Entlastung der Kommunen durch Gelder von Bund und Land. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es: „Die in die hessische Verfassung aufgenommene Schuldenbremse verhindert, dass die kommunalen Parlamente die öffentliche Infrastruktur ausreichend erhalten, geschweige denn weiterentwickeln können. Stattdessen werden Investitionen in die Zukunft der Kommune als Schuldenmacherei diffamiert.“ Dies sei nichts anderes, als die derzeitigen Probleme und die Kosten auf die nachfolgenden Generationen zu verlagern. Mit Generationengerechtigkeit habe diese Politik nichts zu tun.“
Ulrike Eifler
DGB Südosthessen
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