Tatort RP? – Veranstaltung in Karlsruhe

Veranstaltung am 7. Juni 2011, Karlrsuhe, Jubez-Café, um 19.30 Uhr, Kronenplatz 1

Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist derzeit für den ganzen südlichen Teil der BRD die zentrale Behörde zur Koordination der Abschiebungen von Tausenden Roma in das Kosovo. Viele der von Abschiebung Betroffen leben seit mehr als zehn Jahren in der BRD. Viele Kinder sind hier geboren und zur Schule gegangen. Die „Rückführungen“, wie Abschiebungen im Behördendeutsch beschönigend genannt werden, sind nichts anderes als organisierte Unmensch-lichkeit. Im Kosovo erwartet die Roma Verelendung, gesellschaftliche Ausgrenzung, Perspektivlosigkeit, tägliche Angst vor rassistisch motivierten Übergriffen. Menschenrechtsorganisationen fordern übereinstimmend, die Abschiebungen sofort zu stoppen und den Roma aus dem Kosovo ein Bleiberecht zu gewähren. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hält bisher jedoch an seiner Abschiebepraxis und der politisch gewollten Beschönigung der Verhältnisse im Kosovo fest.

Karlsruher Modell zur Flüchtlingsabwehr

Bei der Aushebelung von Flüchtlingsrechten und der Umsetzung der politischen Vorgaben zur Flüchtlingsabwehr durch Abschreckung hat sich das Land Baden-Württemberg und insbesondere das Regierungspräsidium Karlsruhe stets federführend hervorgetan. So gab das Innenministerium von Baden-Württemberg am 28.7.1980 einen Erlass heraus, nach dem zukünftig alle Flüchtlinge in Sammellagern untergebracht werden sollten. Alle Flüchtlinge, die nach dem 15.9.1980 in Baden Württemberg einen Asylantrag stellen wollten, mussten in die Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber (ZAST) in Karlsruhe und wurden anschließend in ein Sammellager eingewiesen. In den „Stuttgarter Nachrichten“ erklärte der damalige Ministerpräsident Lothar Späth, „Asylanten-Sammellager“ sollten die Funktion einer „Abschreckungsmaßnahme“ haben.

Die ZAST in Karlsruhe wurde in den Folgejahren zum behördlichen Experimentierfeld für die Umsetzung einer systematischen Unterdrückungs- und Ausgrenzungspolitik gegenüber Flüchtlingen. Das sogenannte „Karlsruher Modell“ wurde zum Inbegriff einer Flüchtlingsabwehr-Politik, zu einem wesentlichen Baustein bei der praktischen Abschaffung des Asylrechts.

Schritt für Schritt wurden den Flüchtlingen wesentliche Grundrechte versagt

–  Das Grundrecht auf Bewegungsfreiheit wurde durch die Einführung der „Residenzpflicht“, d.h. Beschränkung des Aufenthalts von Flüchtlingen auf kleinste Gebiete bzw. Kreise, ausgehebelt. (Solche Gestattungsbereiche für Flüchtlinge gibt es in der EU nur in Deutschland)
– Mit der Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes wurde festgelegt, dass Flüchtlinge mit einem Betrag deutich unter dem Sozialhilfesatz überleben müssen.
–  Im Bereich des Regierungspräsidiums Karlsruhe verschlechterte man die Lage der Flüchtlinge durch weitere Schikanen: Umstellung von Geldleistungen auf Essenspakete und Sachleistungen,
– „Bestrafungen“ durch Verweigerung von Arbeitserlaubnissen, Streichung von Taschengeld etc. für all jene die sich weigern an der eigenen Abschiebung mitzuwirken.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist seiner repressiven Rolle bis heute treu geblieben. Nicht Humanität und Flüchtlingsschutz, sondern die Entrechtung und Abschreckung von Flüchtlingen sind offensichtlich der Leitgedanke des behördlichen Handelns. Rechtliche Ermessensspielräume werden in der Regel nicht zu Gunsten der Flüchtlinge genutzt, sondern bis an die Grenze des gesetzlich Möglichen gegen die Interessen der Flüchtlinge ausgenutzt.
Auf der Veranstaltung wird Walter Schlecht von der Aktion Bleiberecht aus Freiburg ausführlich die Rolle des Regierungspräsidiums Karlsruhe bei der Verschlechterung der Lebensbedingungen von Flüchtlingen und der Abschiebepraxis anhand von konkreten Beispielen aufzeigen. Die organisierte Unmenschlichkeit soll nicht anonym bleiben, sie hat Name und Adresse.
Danach wollen wir gemeinsam unsere Forderungen zur Verbesserung der Situation von Flüchtlingen  – nicht zuletzt angesichts der neuen grün-roten Landesregierung- entwickeln.

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