PRO ASYL und Flüchtlingsräte der Länder fordern das Ende der staatlich organisierten Ausgrenzung

Presseerklärung / PRO ASYL /4. Februar 2011

Anhörung zum Asylbewerberleistungsgesetz im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales am 7. Februar
Der Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales führt am Montag, dem 7. Februar 2011, eine öffentliche Anhörung zu Anträgen der Grünen und der Linken auf Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) durch. Georg Classen, Sozialrechtsexperte vom Flüchtlingsrat Berlin e.V., ist geladen und wird die Position der Flüchtlingsräte und von PRO ASYL vertreten: Das in vielen Teilen verfassungswidrige Gesetz muss abgeschafft werden.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seinem Hartz IV-Urteil vom Februar 2010 die Regelsätze des Arbeitslosengeldes II für verfassungswidrig erklärt hat, hat dies unmittelbare Folgen auch für das AsylbLG. Die Sozialleistungen für erwachsene Asylsuchende sind 38% niedriger als die Hartz IV-Regelsätze. Seit Einführung des Gesetzes 1993 wurden sie kein einziges Mal an die Preisentwicklung angepasst. Der Gesetzgeber verfolgt mit den Asylgesetzen vor allem den Zweck der Abschreckung. Das bedeutet: Unterbringung in Sammellagern, Lebensmittel aus Essenspaketen, Minimalmedizin, Arbeitsverbot und Residenzpflicht. Beim Bundesverfassungsgericht sind inzwischen auch Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit des AsylbLG anhängig.

„Hier lebenden Flüchtlingen die Leistungen weit unter das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum zu kürzen, ihnen das Arbeiten zu verbieten, sie mit Sachleistungen mangelhaft zu versorgen und in Sammelunterkünfte einzuweisen, verstößt gegen die Menschenwürde und ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar“, sagt Georg Classen vom Berliner Flüchtlingsrat.

Georg Classen vergleicht in seiner Stellungnahme die Asylbewerberleistungen mit dem aktuell verhandelten Gesetzentwurf der Bundesregierung zu den Hartz IV-Regelsätzen. Das überraschende Ergebnis: Die Einschränkung des Existenzminimums für Asylbewerberkinder ist noch gravierender als für Erwachsene. Die Sozialleistungen für Asylbewerberkinder liegen um bis zu 54% unter dem Niveau der Hartz IV-Regelbedarfssätze für inländische Kinder. Vergleicht man den auf lediglich 68 Cent/Tag gekürzten „Barbetrag“ für den persönlichen Bedarf, die soziokulturelle Teilhabe und den Schulbedarf, beträgt die Kürzung für Asylbewerberkinder bis zu 83%. Vom aktuell in Beratung befindlichen Hartz IV-Bildungspaket zum Schulbesuch und zur individuellen Lernförderung werden Asylbewerberkinder einfach ausgeschlossen.

„Flüchtlingskindern werden damit grundlegende Bildungschancen vorenthalten. Diese eklatante Ungleichbehandlung ist inakzeptabel und muss beendet werden“, sagt Marei Pelzer, Referentin von PRO ASYL.

Die Mehrzahl der für den kommenden Montag geladenen Sachverständigen kritisiert das AsylbLG massiv. Kirchen und Wohlfahrtsverbände fordern die Abschaffung des Gesetzes. In ganz Deutschland setzen sich Flüchtlinge und Menschenrechtsorganisationen für die Abschaffung des AsylbLG ein. In Bayern verweigern die Bewohnerinnen und Bewohner zahlreicher Flüchtlingsunterkünfte seit Monaten die Annahme von Essenspaketen und treten in Hungerstreiks. Für den 22. März ist ein bundesweiter Aktionstag gegen das Asylbewerberleistungsgesetz geplant.

Hinweis:

Die Stellungnahmen aller Sachverständigen finden Sie unter:

www.fluechtlingsrat-berlin.de/print_neue_meldungen.php?sid=521

Die öffentliche Anhörung zum  AsylbLG  ist am Montag, 07. Februar  2011 von 12-13 Uhr im Paul-Löbe-Haus, Eingang gegenüber vom Kanzleramt, Konrad-Adenauer-Straße, 10557 Berlin-Mitte.

Die Anhörung ist öffentlich. Zuhörer müssen sich per E-Mail anmelden mit Name, Anschrift, Geburtsdatum, Nr. des Ausweisdokuments ingrid.oehlmann@bundestag.de.
Zur Anhörung ist ein gültiges Ausweisdokument mitzubringen.Weitere Kontaktinformationen hier.

Kontakt PRO ASYL:
Tel.: 069 23 06 95
E-Mail: presse@proasyl.de

Kontakt Flüchtlingsrat Berlin:
Georg Classen 030 24 34 45 762, 030 69 56 49 92