Bericht von der Demonstration gegen Abschiebungen am 8. Mai 2010 in Karlsruhe

Am Samstag den 8. Mai demonstrierten zwischen 800 und 1.000 Personen für ein Bleiberecht von Roma in der Karlsruher Innenstadt. „Wer bleiben will, soll bleiben! – Stopp Deportation“ war auf mehreren Transparenten zu lesen. Auch eine Samba-Gruppe mit heißen Rhythmen hatte sich der Demonstration angeschlossen.

Etwa 70 kleine und größere Gruppen und Organisationen hatten zu der Demonstration aufgerufen. Die Demonstranten, darunter viele Migrantinnen und Migranten waren sich einig, die Flüchtlingspolitik in Deutschland muss geändert werden, die Abschiebungen dürfen nicht weitergehen. Zahlreiche Passanten, vor allem MigrantInnen standen dem Demonstrationsaufzug sehr poitiv gegenüber. Engagiert und kreativ waren die unterschiedlichsten Losungen auf Schilder und Stoff gebracht worden. Eine politisch entschlossene Demonstration von Jung und Alt hatte sich auf den Weg gemacht, um auch gegenüber der Innenministerkonferenz, die am 27./28. Mai in Hamburg stattfindet, klar zu machen: Abschiebungen, nicht mit uns.

Gleich zu Beginn der Demonstration hatte Bernd Mesovic von der Bundesarbeitsgemeinschaft PRO ASYL ein „Sofortiges Ende der Roma-Abschiebungen in den Kosovo“ gefordert. Bernd Mesovic weiter: „Die Bundesregierung weiß, was die Abgeschobenen erwartet. Die Mehrheit muss in absoluter Armut leben, in Behelfsunterkünften ohne sanitäre Anlagen oder Heizung.“ Er ging nochmals auf die historische Verpflichtung Deutschlands ein: „Hunderttausende Roma wurden Opfer des Holocaust, viele auf dem Balkan. Der Umgang mit Roma-Flüchtlingen, die insbesondere in den letzten 15 Jahren Schutz vor Verfolgung gesucht haben, ist die Nagelprobe auf das Bekenntnis, aus der Vergangenheit lernen zu wollen.“

Eine RednerIn von Aktion Bleiberecht Freiburg forderte ein Ende der Abschiebungen vom Baden-Airpark und verurteilte die Abschiebepolitik des Landes und ihrer ausführenden Behörde, des Regierungspräsidiums Karlsruhe.

Einige Menschen schlossen sich in der Karlsruher Innenstadt spontan dem Demonstrationszug. Tausende Menschen beim Einkauf oder in Gartenwirtschaften verfolgten bei frühlingshaftem Wetter aufmerksam den unterschiedlichen Redebeiträgen. Die Polizei zog ihr anfängliches Spalier von der Demonstration ab.

Neben zahlreichen Flüchtlingsräten aus Hessen, NRW, Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg, sowie PRO ASYL, bekräftigten verschiedene Flüchtlingsgruppen, aus unterschiedlichen politischen Zusammenhängen, die Forderung „Bleiberecht für Roma! – Schluss mit den Abschiebungen!“ „Wer bleiben will, soll bleiben!“

Ein Redner aus Syrien verurteilte das Rückübernahmeabkommen mit Syrien und die damit drohenden Abschiebungen von Kurden. Er ging eindrücklich auf die schwierige Situation der ca. 2 -3 Millionen Kurden in Syrien ein. 7.000 Personen aus Syrien, die schon jahrelang in einem Duldungsstatus hier leben, sollen abgeschoben werden.

Ein Redner der Roma, noch sichtlich erschüttert von seinen Eindrücken bei einer vor kurzem stattgefundenen Kosovoreise, verurteilte das Rückübernahmeabkommen mit dem Kosovo, wonach 15.000 Menschen abgeschoben werden sollen. Darunter befinden sich 11.000 Angehörige der Romaminderheiten. Bernd Mesovic von PRO ASYL sagt bei der Auftaktkundgebung treffend: „Die meisten müssen mit einem Leben am Rande der Müllkippe rechnen“.

Rednerinnen von alarm e.V. aus Offenburg gingen in ihrem Beitrag auf die Rolle der Exekutive ein, die die Polizei gegenüber den in Deutschland lebenden Flüchtlingen eingenommen hat. Angehalten durch unzählige Gesetze von der Residenzpflicht, über Frontex bis zur Abschiebung etabliert sich immer stärker die Exekutive in der Flüchtlingspolitik. „Eine Welt, in der Waren und Finanzen ungehindert fließen, Menschen aber an Grenzen scheitern und sterben, erfordert unseren Widerstand!“ so die Rednerin.

Ein Vertreter des Aktionskreis Internationalismus Karlsruhe benannte als wesentliche Fluchtursachen die Kriege z.B um Rohstoffe wie im Kongo oder Irak oder die systematische Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen aus Profitgründen. Allein die hausgemachte sogenannte Klimakatastrophe wird nach Angaben der UNO bis zum Jahre 2050 weitere 50 Millionen in die Flucht treiben.

Ein Flüchtling aus Nigeria kritisierte in einem Redebeitrag deutlich das Regierungspräsidium Karlsruhe für die Zusammenarbeit mit der nigerianischen Botschaft und die damit verbundenen Zwangsvorführungen von in Deutschland lebenden Flüchtlingen. Die Zwangsvorführungen haben nur ein Ziel: die Abschiebung!

Das Bündnis, das zur „Kampagne gegen die Abschiebungen vom Deportation Baden-Airpark“ aufgerufen hat, bekräftigte nochmals die Entschlossenheit, die Kampagne weiterzuführen. Solange die Abschiebungen nicht vom Tisch sind, wird der Widerstand weitergehen, aber stärker vernetzt. „Gebt Kirchenasyl, wo Kirchasyl verlangt wird!“ , „Steht den Betroffenen zur Seite, wenn sie unsere Solidarität brauchen“, „Macht die Abschiebungen öffentlich“ und „geht auf die Straße, wenn Protest notwendig wird“ und „verhindert die Abschiebungen, versteckt die Menschen, wenn es anders nicht mehr geht“. In sämtlichen Redebeiträgen, in Forderungen auf den Transparenten, in zahlreichen Publikationen die verteilt wurden, im Engeganment der TeilnehmerInnen und Teilnehmer wurde deutlich, dass niemand diese Abschiebungen will. „Wer bleiben will, soll bleiben!“ Der Baden-Airpark und das Regierungspräsidium Karlsruhe werden die Adressen für weiteren Protest sein.

Einige Nachrichten zur Demonstration:

http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=6365746/1j3vvno/index.html

http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/did=6369938/pv=video/nid=1622/1yy0um7/index.html

http://www.ka-news.de/fotos/bilddetail/cme502485,497571.html

http://www.ka-news.de/region/karlsruhe/Umfrage-Ist-die-Abschiebe-Kritik-am-Baden-Airpark-gerechtfertigt-;art6066,399134,5-pg1#pg

http://linksunten.indymedia.org/de/node/20135

http://www.ka-news.de/region/karlsruhe/Protest-gegen-Abschiebungen-in-Karlsruhe;art6066,399260

http://www.roeser-presse.de/tag/roma/

http://www.roeser-presse.de/lokales/nachrichten/2010/05/09/500-menschen-demonstrieren-gegen-abschiebung-von-fluchtlingen-2-192076