Ein Jahr Abschiebegefängnis Pforzheim – 358 Flüchtlinge in Haft

Viele der Inhaftierten kamen aus dem Balkan.

Die meisten der Flüchtlinge kamen aus afrikanischen Ländern. Viele Dublin-Abschiebungen. Afghanische Flüchtlinge von Pforzheim abgeschoben.

Der CDU-Abgeordnete Matthias Pröfrock im Staatsanzeiger: „ Das war ein schwieriges Miteinander mit einem Bundesland, in dem die zuständige Ministerin auf ihrer Homepage gleich im ersten Satz schreibt, dass sie die Abschiebehaft gar nicht möchte.“ Baden-Württemberg war bisher auf die Kooperation in Punkto Abschiebehaft auf Rheinland-Pfalz angewiesen.

Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick, nach dem bekannt wurde, dass das Land ein Abschiebegfeängnis in Bruchsal plant: „Eine Abschiebehaft-Anstalt stünde in krassem Gegensatz zu der Willkommenskultur, die wir hier in herausragender Weise pflegen. Ich erinnere nur an die spontane Aufnahme von rund 500 Asylbewerbern im vergangenen September sowie an die Bruchsaler Erklärung.“ „Ich selbst werde alles in meiner Macht stehende dafür tun, dass in unserer Stadt keine Abschiebehaft-Anstalt entsteht“.

„Pforzheim ist die Sahnehaube auf seiner Karriere. Dort muss er nicht nur die Tage kreativ gestalten, hier kann er eine ganz neue Haftform erfinden.“ Anstaltsleiter Paukner gegenüber der Kontext-Wochenzeitung

Mehrheitlich Männer aus dem Westbalkan inhaftiert
Wurden bis zum Juli 2016 im wesentlichen Männer aus den Westbalkanstaaten Albanien, Kosovo, Serbien und Bosnien-Herzegowina inhaftiert, so waren es im Dezember noch ein Drittel aus den sog sicheren Herkunftsstaaten. Ein weiteres Drittel waren die sogenannten Dublin-Abschiebungen.

►44 Prozent aus afrikanischen Ländern
Im Jahresrückblick zeigt sich, dass etwa 44 Prozent der Abschiebehäftlinge aus afrikanischen Ländern kommt und 34 Prozent aus den Balkanstaaten.

►Es ist in Ingelheim ruhig geworden
„Anfang des Jahres waren noch 35 der 40 Haftplätze belegt gewesen. Aber jetzt ist es wieder ruhiger geworden – vielleicht spielt eine Rolle, dass Anfang April ein neues Abschiebegefängnis in Pforzheim in Betrieb gegangen ist, sodass weniger Häftlinge aus Baden-Württemberg kommen.“ Sächsische Zeitung 18.04.2016 Zuvor wurden Geflüchtete aus Baden-Württemberg in Ingelheim inhaftiert.

►Aus der Schule nach Italien abgeschoben
„Seit September vergangenen Jahres besuchten die jungen Flüchtlinge Foday und Muhammad die Vorbereitungsklasse der Laura-Schradin-Schule. Die gambischen Halbbrüder gehörten zu den Besten, waren bei allen beliebt. Am vergangenen Donnerstag stand die Polizei vor der Schultüre. Sie nahmen Foday mit, um ihn abzuschieben nach Italien.“ Reutlinger Generalanzeiger 19.05.2016

►Von der Ausländerbehörde direkt nach Pforzheim
„Zwei geduldete, abgelehnte Asylbewerber sind in der Stuttgarter Ausländerbehörde verhaftet worden, die die Polizei zuvor informiert hat. Sie kamen ins Pforzheimer Abschiebegefängnis.“ Stuttgarter Zeitung 5. Juni 2016

►Geflüchtete aus anderen EU-Staaten eingereist, in Pforzheim inhaftiert
„Seit wenigen Wochen mehren sich die Fälle einer wieder neu auflebenden Abschiebepraxis in Baden-Württemberg: Geflüchtete, die durch andere EU-Staaten eingereist sind, werden vermehrt außerhalb ihrer Unterkunft von der Polizei aufgegriffen und in die im April diesen Jahres eröffnete Abschiebehaftanstalt in Pforzheim gebracht. So wurden mehrere Geflüchtete in Stuttgart und Esslingen auf der Ausländerbehörde festgenommen, ein geflüchteter junger Mann wurde in Reutlingen sogar aus der Schule abgeschoben.“ Arbeit – Zukunft online am 13. Juni 2016

►Einzelne kamen aus Pakistan, Algerien, China, Sri Lanka, Nigeria und Gambia.
„Unter den Betroffenen waren ausschließlich Männer, die meisten von ihnen kamen aus den Westbalkanstaaten Albanien, Kosovo, Serbien und Bosnien-Herzegowina. Einzelne andere stammten aus Pakistan, Algerien, China, Sri Lanka, Nigeria und Gambia. Im Schnitt blieb ein Insasse bis zu seiner Abschiebung 16 Tage in Pforzheim.“ Stuttgarter Nachrichten 7. Juli 2016

►Um 5 Uhr in der Bäckerei festgenommen
In Kirchzarten wurde Anfang August 2016 ein 24-jähriger Mann von der Arbeitsstelle in die Abschiebehaft nach Pforzheim gebracht. „Ein ganz normaler Dienstagmorgen um 5 Uhr Anfang August. In einer Bäckerei in Kirchzarten herrscht Hochbetrieb. Plötzlich fahren zwei Streifenwagen vor. Sie verhaften Tata L. (Name geändert) an seinem Arbeitsplatz. Was hatte er verbrochen? Er ist in Gambia geboren. Hat sich nach monatelanger, riskanter Flucht bis Deutschland durchgeschlagen und es gewagt, hier Asyl zu beantragen. Sein Antrag wurde abgelehnt. Er wurde von der Polizei an seinem Arbeitsplatz abgeholt, um abgeschoben zu werden.“ schreibt der Dreisamtäler am 5. August 2016.

►Familienvater, Roma aus dem Kosovo
Familienvater, Roma aus dem Kosovo wird auf Ausländerbehörde des Landkreis Emmendingen zur Verlängerung der Duldung bestellt und festgenommen. Er wird in die Abschiebehaftanstalt in Pforzheim gebracht, obwohl seine Frau hochschwanger ist. Die Abschiebung der gesamten Familie in den Kosovo soll gesichert werden. Einige Tage später müssen die Behörden den Familienvater wieder freilassen.

►Im September 2016 sind 40 Prozent sogenannte Dublin-Fälle
„Elf Männer sitzen gerade bei ihm ein. Elf „Abgänge“ hatte er diese Woche. Sie kommen aus Afghanistan, Serbien, Montenegro, Pakistan, Ägypten, Sri Lanka, Gambia. Abschiebungs-Spitzenreiter ist Kosovo. Am Anfang gab es wenige Dublin-Fälle, mittlerweile sind es 40 Prozent, die von Pforzheim nach Norwegen, in die Niederlande oder nach Spanien verfrachtet werden.“ Kontex-Wochenzeitung 14.09.2016

►Bis Dezember 2016 wurden 185 Geflüchte inhaftiert
„Seit April wurden 185 Menschen aus 38 Nationen hier durchgeschleust. Zu einem Drittel stammen die Männer, im Schnitt zwischen 24 und 32 Jahre alt, aus sicheren Herkunftsländern auf dem Balkan. Ein weiteres Drittel ist über „sichere Drittstaaten“ eingereist und wird dorthin zurückgebracht: Meist Menschen aus Gambia oder Nigeria. Das letzte Drittel kommt von überall her; auch EU-Bürger, die ihr Aufenthaltsrecht verwirkt haben, sind manchmal darunter.“ Rhein-Neckar Zeitung 07.12.2016

►Abgeschobene Afghanen wurden zuvor in Pforzheim inhaftiert
„Am Mittwoch den 14. Dezember fand die erste Sammelabschiebung nach Afghanistan statt. Von ihr betroffen waren auch einige Flüchtlinge aus Baden-Württemberg. Sie wurden vom Abschiebegefängnis Pforzheim nach Frankfurt gebracht. Unter ihnen war auch Amir aus Abtsgmünd, dessen Vater in Afghanistan (wahrscheinlich von den Taliban) ermordet wurde. Er lebte zuvor 6 Jahre in Deutschland. Zwei Tage vor der Abschiebung wurde er auf dem Landratsamtes Ostalbkreis festgenommen.“ Freie Radios 20.12.2016

►Von der Autobahn in den Pforzheimer Abschiebeknast
„In der Nacht des 16. Januar  kontrollierten Beamte der Bundespolizei am Autobahnrasthof Renchtal in Appenweier  einen 34-jährigen nigerianischen Staatsangehörigen. …Auf Anordnung des zuständigen Amtsgerichts Offenburg wurde der unerlaubt eingereiste Mann in Abschiebehaft genommen und in die Abschiebehafteinrichtung Pforzheim eingeliefert. Zudem wird gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz eingeleitet.“ Offenburger Tageblatt 17.01.2017

►Drei Afghanen vor der Abschiebung in Pforzheim inhaftiert
„Mit der zweiten Sammelabschiebung von Afghanen aus Deutschland sind am frühen Dienstagmorgen auch vier Männer aus dem Südwesten am Kabuler Flughafen angekommen.
Kabul/Stuttgart. Drei von ihnen seien aus der Abschiebehaftanstalt in Pforzheim rückgeführt worden, teilte das Innenministerium am Dienstag in Stuttgart mit. Dort befinden sich abgelehnte Asylbewerber, die sich etwa schon einmal einer Abschiebung entzogen haben. Insgesamt wurden 26 junge Männer von Frankfurt aus in ihr Herkunftsland geflogen.“ Schwäbisches Tageblatt 24.01.2017

►Auf dem Landratsamt festgenommen
„Die Abschiebung eines Flüchtlings aus Gambia schlug hohe Wellen. Einer der Vorwürfe: Der 19-Jährige wurde unter Vorspiegelung falscher Tatsachen auf die zuständige Ausländerbehörde in der Nürtinger Landratsamtsaußenstelle einbestellt und dort in Abschiebehaft genommen. Dass dieses „Vorgehen nicht korrekt“ war, räumt Landrat Heinz Eininger nun ein.“ Nürtinger Zeitung 15.02.2017

►Minderjähriger sollte abgeschoben werden
„In letzter Sekunde tauchte die Kopie seiner Geburtsbescheinigung auf – die ihn als 16-Jährigen ausweist: ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. Eine Abschiebung kam also nicht in Frage. Seither ist Johnny in einer Wohngruppe im Stadtgebiet untergebracht, gilt laut Sozialbürgermeisterin Monika Müller als „hochgradig psychisch belastet“ und sei in entsprechender ärztlicher Behandlung.“ Pforzheimer Zeitung 24.03.2017

►Menschen aus 48 Länder abgeschoben
„Ein Jahr nach der Eröffnung des Abschiebegefängnisses in Pforzheim sind dort 358 abgelehnte Asylbewerber aus 48 Nationen vor ihrer Abschiebung in Haft gewesen. Etwa 44 Prozent der Abschiebehäftlinge stammten aus afrikanischen Ländern und 34 Prozent aus den Balkanstaaten, wie eine Sprecherin des Regierungspräsidiums Karlsruhe weiter mitteilte. Durchschnittlich seien in den vergangenen zwölf Monaten 80 Prozent der 36 momentan zur Verfügung stehenden Plätze besetzt gewesen.“ Badische Zeitung vom 1. April 2017