Die tunesische Revolte als Fanal.

Helmut Dietrich / Kommentar und Chronik
(17. Dezember 2010–14. Januar 2011)

Die Geschichte der Gegenwart zu schreiben ist nicht so einfach, besonders dann nicht, wenn die Gegenwart Geschichte schreibt. In der vorliegenden Ausgabe von Sozial.Geschichte Online skizziert Helmut Dietrich die Ereignisse in Tunesien um die Jahreswende 2010/2011: Ereignisse, deren Folgeentwicklungen viele von uns mit großem Erstaunen und großen Hoffnungen beobachten. Zwar ist es keinesfalls etwas Neues, dass sich in revolutionären Situationen die Zeit verdichtet und an einem Tag mehr Erfahrungen artikuliert und erneuert werden als sonst in Jahrzehnten. Aber es ist schwierig, diesen Prozess zu beschreiben, zumal seine Geschichte und mehr noch seine Zukunft halb im Schatten liegen. Und Helmut Dietrichs Chronologie zeigt auch, wie das Migrationsregime, das in den 2000er Jahren an der europäischen Südküste errichtet wurde, nicht nur die rassistische Teilung der Weltarbeitsmärkte, sondern auch die öffentliche Wahrnehmung der Klassenkämpfe im Maghreb organisiert hat (und weiterhin organisiert). Mittlerweile hat sich der Aufstand in Tunesien in eine Revolte im gesamten arabischen Raum und in einen Krieg in Libyen verwandelt.