Fortsetzung deutsch-arabischer Realpolitik

Presseerklärung /23. Februar 2011

Eine niedersächsische Wirtschaftsdelegation hielt sich diese Woche im Folterstaat Syrien auf

PRO ASYL: Noch während Abgeschobene in Haft sitzen, wird das Assad-Regime hofiert
Die Kollaboration deutscher Politiker mit dem syrischen Folterregime geht weiter. Noch während ein aus Niedersachsen abgeschobener 15-jähriger Syrer die vierte Woche bereits ohne Kontakt zur Außenwelt in syrischer Haft sitzt, reiste eine niedersächsische Wirtschaftsdelegation nach Syrien. Der niedersächsische Wirtschaftsstaatsekretär, Oliver Liersch, (FDP) war dabei und propagierte Niedersachsen als Innovationsstandort. Als gäbe es keine Demokratiebewegung in den arabischen Staaten, folgt diese Veranstaltung den Gesetzen des business as usual mit Diktatoren – bis zu deren letzter Stunde.

Verkehrsminister Ramsauer hat es bereits Anfang Februar in Damaskus vorgemacht und Journalisten (laut Financial Times Deutschland vom 4. Februar 2011) seine kulturrelativistische Vorstellung von Demokratie in die Feder diktiert: “Unsere Vorstellungen von Demokratie und Menschenrechten sind nicht einfach eins zu eins auf Länder in anderen Weltregionen übertragbar. Das gilt auch für Syrien.” Die Reise der niedersächsischen Wirtschaftsdelegation zeigt, dass Syrien in erster Linie Handelspartner und Absatzmarkt ist und bleiben soll. Kritische Interventionen in Sachen der aus Niedersachsen zuletzt abgeschobenen Flüchtlinge würden dieses Investitionsklima wohl nur verschlechtern.

In einem Staat, dem das Auswärtige Amt schwerste Menschenrechtsverletzungen attestiert, in dem vier Geheimdienste die gesamte Bevölkerung bespitzeln und Folterkeller betreiben, soll nach Auskunft des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums seit Jahren ein “Transformationsprozess zu einer sozialen Marktwirtschaft” in Gange sein. Vielleicht erfordert es einen Einsatz von Bundesaußenminister Westerwelle im Inneren, um seinem Parteifreund sein neugewonnenes Interesse an den Menschenrechten im arabischen Raum zu verdeutlichen. Immerhin hat die Wirtschaftsdelegation Sensibilität gegenüber den Bedürfnissen der syrischen Bevölkerung gezeigt: Sie besichtigte Unternehmen im Bereich Krankenhausbedarf/Verbandsmaterial.

Mit dem Assad-Regime (Senior und Junior), das zehntausende Menschenleben auf dem Gewissen hat, hat die Bundesregierung ein Abkommen über die “Rückführung von illegal aufhältigen Personen” abgeschlossen. Von 73 zwischen Januar 2009 und Juni 2010 aus Deutschland nach Syrien abgeschobenen Flüchtlingen wurden 14 nach Angaben der Bundesregierung umgehend von den syrischen Behörden inhaftiert. Nachfragen des Auswärtigen Amtes zu den einzelnen Fällen wurden von den syrischen Behörden abgeschmettert. Eine Plenardebatte im Bundestag zeigte im Januar 2010, wie Parlamentarier zu Menschenrechten stehen, wenn es darauf ankommt.

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