Erklärung zur Abschiebepraxis

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PRESSEMITTEILUNG Stuttgart und Freiburg am 8.10.2010

Erklärung der Pax Christi-Bistumsstellen Rottenburg-Stuttgart und Freiburg zur Abschiebepraxis gegenüber Roma und Ashkali aus dem Kosovo.

Die Pax Christi-Bistumsstellen Rottenburg-Stuttgart und Freiburg verurteilen die verschärfte Abschiebepraxis, die nach den Beschlüssen der Innenministerkonferenz derzeit vor allem gegenüber aus dem Kosovo stammenden Roma- und Ashkali-Flüchtlingen angewendet wird. Wir sind bestürzt über die parteienübergreifende Zustimmung des Landtags von Baden-Württemberg im April dazu, protestieren aber vor allem auch deshalb, weil mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe als einer von zwei in Deutschland zuständigen Stellen – die andere, für Norddeutschland zuständige ist die Zentrale Ausländerbehörde Bielefeld – eine Behörde unseres Bundeslandes maßgeblich für die laufenden Abschiebungen verantwortlich ist.

Wir erinnern daran, dass es auch der völkerrechtswidrige Krieg der NATO gegen Jugoslawien („Kosovokrieg“) 1999 war, der zur Vertreibung der Roma- und Ashkali-Minderheiten führte. Das Asylrecht ist in unserem Land nach wie vor ein höchstes, durch unser Grundgesetz garantiertes Gut. Gerade Roma und Ashkali aus dem bis heute nachweislich instabilen Kosovo haben darauf einen besonderen Anspruch.

Wir sehen uns in unserem Protest bestärkt durch die Forderung der Migrationskommission der parlamentarischen Versammlung des Europarates an die deutsche Regierung vom 22.9.2010 nach Suspendierung der Abschiebungen von Roma und Ashkali in das Kosovo. Auch der
Minderheitenkommissar des Europarats, Thomas Hammarberg, hat in einem Schreiben an Bundeskanzlerin Merkel bereits im November 2009 gewarnt, dass im Kosovo bislang die Infrastruktur für eine Reintegration fehle, wie nicht nur die Unruhen in Mitrovica 2004 deutlich machen.

Das in der Zwischenzeit bekannt gewordene selektive Vorgehen der französischen Regierung gegen Roma und die systematische Räumung von deren Lagern lehnen wir ab, weil es für eine in Jahrhunderten gewachsene, immer wieder der Verfolgung ausgesetzte und nicht zuletzt deshalb in
ihrer Eigenart erhalten gebliebene Kultur der Nichtsesshaftigkeit offensichtlich keinen Raum vorsieht.

Pax Christi Rottenburg-Stuttgart und Freiburg fordern den sofortigen Stopp der vom Flughafen Söllingen aus stattfindenden Abschiebungen von jährlich voraussichtlich bis zu 2500 Roma und Ashkali, darunter ein hoher Anteil Jugendlicher und Kinder, in das ihnen als Heimat entfremdete
Kosovo. Wir fordern zudem eine Anerkennung ihres Asylrechts, um ihnen als Angehörigen einer Bevölkerungsgruppe, die von den Nazis mit ethnischer Vernichtung bedroht und überzogen wurde, Schutz von Leib und Leben zu bieten.